Verspätungszuschlag: Verschonungsregelung für Rentner

Wird eine Einkommensteuererklärung nicht oder nicht rechtzeitig abgeben, kann das Finanzamt einen Verspätungszuschlag festsetzen. Dieser beträgt für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Seit 2019 gelten neue Regeln zur Erhebung von Verspätungszuschlägen, die erstmals für die Steuererklärung des Jahres 2018 zu beachten sind. Neben der bisher unveränderten „Kann-Regelung“ wurden eine „Muss-Regelung“ und ein Mindest-Verspätungszuschlag neu eingeführt (§ 152 AO).

  • Einen Verspätungszuschlag muss das Finanzamt festsetzen, wenn eine Steuererklärung nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungsjahres oder – bei Vorabanforderung durch das Finanzamt – nicht bis zu dem in der Anordnung bestimmten Zeitpunkt abgegeben wurde (Muss-Regelung).
  • Ab 2020 wird der Verspätungszuschlag automatisiert festgesetzt (§ 152 Abs. 11 Satz 2 AO).

Bei Rentnern gibt es nun folgendes Dilemma: Es kann vorkommen, dass ein Rentner bzw. eine Rentnerin über die Jahre nichtsahnend in die Pflicht zur Rentenbesteuerung rutscht.

Die Gründe sind vielfältig. In einigen Fällen könnte der Tod des Lebenspartners dazu führen, in anderen reicht vielleicht schon die regelmäßige Rentenerhöhung. Und plötzlich werden sie vom Finanzamt zur Abgabe von Steuererklärungen aufgefordert.

Da eine verspätete Abgabe von Steuererklärungen regelmäßig automatische Verspätungszuschläge nach sich zieht, hat der Gesetzgeber – mit Blick auf Rentner – eine besondere Verschonungsregelung vorgesehen. Vereinfacht gesagt bedeutet diese: Fordert das Finanzamt von Rentnern, die bislang berechtigterweise davon ausgehen konnten, nicht erklärungspflichtig zu sein, Steuererklärungen nach, so fallen für die Vergangenheit keine Verspätungszuschläge an.

Rechtsgrundlage ist § 152 Abs. 5 Satz 3 AO: „Wurde ein Erklärungspflichtiger von der Finanzbehörde erstmals nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist zur Abgabe einer Steuererklärung innerhalb einer dort bezeichneten Frist aufgefordert und konnte er bis zum Zugang dieser Aufforderung davon ausgehen, keine Steuererklärung abgeben zu müssen, so ist der Verspätungszuschlag nur für die Monate zu berechnen, die nach dem Ablauf der in der Aufforderung bezeichneten Erklärungsfrist begonnen haben.“

Achtung: Lässt ein Rentner jedoch die Steuerpflicht überprüfen und kommt selbstständig zu dem Ergebnis, Steuererklärungen (für weiter zurückliegende Veranlagungszeiträume) einreichen zu müssen, greift die gesetzliche Verschonungsregelung hingegen nicht. Diese Steuerpflichtigen sind dann beim Nachreichen von Steuererklärungen nach den regulären Fristen in der Regel mit Verspätungszuschlägen belastet.

Diese Ungleichbehandlung moniert der Deutsche Steuerberaterverband e.V. in seiner Stellungnahme S 07/21. Er schlägt entsprechende Anpassungen der Verwaltungsanweisungen vor. Konkret sollte das Finanzamt in den genannten kritischen Fällen automatisch eine rückwirkende Fristverlängerung gewähren. Schließlich sollten Rentner, die selbstständig ihre Steuererklärungen nachreichen, genauso behandelt werden wie diejenigen, die erst nach Aufforderung des Finanzamts tätig werden (Deutscher Steuerberaterverband e.V., Meldung vom 14.9.2021).

 

Betroffene Rentner sollten sich auf eine Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern berufen: Danach haben die Finanzbeamten „keine Bedenken, den obligatorisch festzusetzenden Verspätungszuschlag von Amts wegen durch die rückwirkende Gewährung einer Fristverlängerung zu verhindern bzw. zu beseitigen oder – soweit dies nicht möglich ist – auf Antrag des Steuerpflichtigen nach § 227 AO zu erlassen. Dies gilt auch, wenn neben den Renteneinkünften Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, erzielt werden“ (Bayerisches LfSt vom 24.3.2021, S 0323.1.1-2/18 St43).

Für die Steuererklärung des Jahres 2020 gilt übrigens coronabedingt ausnahmsweise ein „verspätungszuschlagsfreier“ Zeitraum von 17 statt 14 Monaten (BMF-Schreiben vom 20.7.2021, BStBl 2021 I S. 984).