Umsatzsteuer: Wahlrecht auf Kleinunternehmerregelung

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Gewerbetreibende und Freiberufler mit eher geringen Umsätzen können sich von den Unannehmlichkeiten der Umsatzsteuer befreien, wenn sie von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen (§ 19 Abs. 1 UStG). Die Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer können sie wählen, wenn ihr Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer

  • im Vorjahr nicht höher als 22.000 Euro (früher: 17.500 Euro) war und
  • im laufenden Jahr voraussichtlich nicht höher als 50.000 Euro sein wird.

Bei der Kleinunternehmerregelung handelt es sich um ein Wahlrecht. Sie haben also auch die Möglichkeit, zur Umsatzsteuer zu optieren und dann die Vorteile des Vorsteuerabzugs zu nutzen. Falls Sie sich für die Regelbesteuerung entscheiden, hat dies für Sie folgende Auswirkungen:

  • Sie müssen für Ihre Ausgangsumsätze Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.
  • Sie dürfen – sozusagen im Gegenzug – die in Ihren Eingangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen, d. h. mit der zu zahlenden Umsatzsteuer verrechnen.

Diese Option, d.h. der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung, ist allerdings für fünf Jahre bindend (§ 19 Abs. 2 UStG). Für die Verzichtserklärung ist keine besondere Form vorgeschrieben. Als Verzicht gilt bereits die Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder die Abgabe einer Umsatzsteuererklärung mit Berechnung der Umsatzsteuer nach allgemeinen Regeln.

Doch was geschieht, wenn die fünfjährige Bindungsfrist abgelaufen ist? Verlängert sich diese erneut um volle fünf Jahre, wenn im sechsten Jahr – möglicherweise irrtümlich – eine Umsatzsteuererklärung abgegeben wird?

Aktuell hat das Finanzgericht Münster zugunsten der Kleinunternehmer wie folgt entschieden: Allein die Abgabe einer Jahressteuererklärung, in der die Umsatzsteuer nach allgemeinen Regeln berechnet wird, löst keine erneute fünfjährige Bindungsfrist für den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung aus, wenn die Frist nach einer erstmaligen Option bereits abgelaufen war (Urteil vom 7.11.2019, 5 K 1768/19 U)

Der Fall: Der Kläger ist seit dem Jahr 2006 unternehmerisch tätig. Im Gründungsjahr 2006 optierte er zur Regelbesteuerung. Die Fünf-Jahres-Frist lief folglich 2010 ab. Dennoch gab der Kläger auch in den Folgejahren bis einschließlich 2016 Umsatzsteuer-Jahreserklärungen ab, in denen er die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Regeln berechnete. Erst mit seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2017 beantragte er den Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerschaft.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerschaft im Streitjahr 2017 nicht möglich sei, da der Kläger innerhalb der letzten fünf Jahre von der Option Gebrauch gemacht habe und deshalb insoweit gebunden sei. Im Jahr 2016 habe er zwar nur laufende Umsätze in Höhe von 4.741 Euro erzielt, durch die Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung mit Ausweis von Umsätzen und Vorsteuern habe er jedoch wirksam zur Regelbesteuerung optiert. Hieran sei er fünf Jahre gebunden, so dass er frühestens ab dem 1.1.2021 zur Kleinunternehmerschaft wechseln könne. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Die Begründung des FG: Ein Verzicht auf die Besteuerung als Kleinunternehmer kann dem Finanzamt gegenüber zwar auch konkludent erklärt werden, etwa durch Abgabe einer Umsatzsteuererklärung. Aber: Allein die Abgabe einer Jahressteuererklärung (hier: für 2016), in der die Umsatzsteuer nach allgemeinen Regeln berechnet wird, löst keine erneute fünfjährige Bindungsfrist für den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung aus, wenn die Frist nach einer erstmaligen Option bereits abgelaufen war.

Daraus folgt: Der Kläger hatte bereits erstmals im Gründungsjahr 2006 auf die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung verzichtet. Die hierdurch ausgelöste fünfjährige Bindungswirkung des § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG war damit bereits zum Ende des Jahres 2010 ausgelaufen. Ab diesem Zeitpunkt bestand für den Kläger jährlich unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 3 UStG, d. h. bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des jeweiligen Kalenderjahrs, die Möglichkeit des Widerrufs des Verzichts auf die Steuerbefreiung. Einen Widerruf hat der Kläger jedoch erstmalig für das Streitjahr 2017 mit der Steuererklärung 2017 erklärt.

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Wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts ist die Revision zugelassen worden, die zwischenzeitlich auch beim BFH vorliegt (Az. XI R 34/19). Betroffene sollten sich auf dieses Verfahren berufen und ein Ruhen ihres eigenen Falles beantragen.

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