Seit dem 1.7.2014 können Versicherte mit mindestens 45 Versicherungsjahren die vorgezogene Rente mit 63 Jahren ohne Abschläge in Anspruch nehmen. Bei Versicherten, die zwischen 1953 und 1964 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren stufenweise auf 65 Jahre angehoben. Die Anhebung erfolgt bereits ab 2016 in Schritten von jeweils 2 Monaten pro Jahrgang. So wird aus der „Rente mit 63“ schrittweise die „Rente mit 65“. Versicherte, die nach dem 1.1.1964 geboren sind, können die abschlagfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren erst mit dem 65. Lebensjahr in Anspruch nehmen (§ 236b SGB VI).
Auf die erforderlichen 45 Versicherungsjahre werden ebenfalls Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I angerechnet, und zwar zeitlich unbegrenzt. Doch es gibt eine Ausnahme: Arbeitslosenzeiten in den letzten zwei Jahren vor dem Rentenbeginn werden nicht angerechnet. Und auch davon gibt es wieder eine Ausnahme: Dies gilt nicht, wenn die Arbeitslosigkeit auf einer vollständigen Geschäftsaufgabe oder Insolvenz des Arbeitgebers beruht (§ 51 Abs. 3a Nr. 3 und 4 SGB VI).
- Mit dieser Ausnahmeregelung soll eine Frühverrentung bereits mit 61 Jahren verhindert werden. Es soll nicht möglich sein, sich bereits mit 61 Jahren vom Arbeitgeber kündigen zu lassen, dann zwei Jahre lang Arbeitslosengeld I zu kassieren und anschließend die vorgezogene Altersrente mit 63 ohne Abschläge zu beziehen. So soll aus der „Rente mit 63“ nicht eine „Rente mit 61“ zu Lasten der Sozialversicherung werden.
- Da die Anrechnung der Arbeitslosenzeiten in den letzten zwei Jahren nicht gilt, wenn dem Arbeitnehmer „aus betriebsbedingten Gründen“ gekündigt wurde, liegt nach Ansicht des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages möglicherweise ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG vor. Diese Arbeitnehmer würden ebenfalls unfreiwillig arbeitslos und seien daher nicht weniger schutzwürdig.
Aktuell hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden, dass die Nichtanrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn auf die erforderlichen 45 Versicherungsjahre verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Die notwendigen Versicherungszeiten betragen 45 Jahre (sog. Warte-zeit). Damit sollen Fehlanreize vermieden werden, insbesondere eine faktische „Rente mit 61“ zu Lasten der Sozialversicherung (LSG-Urteil Baden-Württemberg vom 21.6.2016, L 9 R 695/16; Revision beim BSG: B 5 R 16/16 R).
Eine Schlupfloch
Es gibt einen Kniff, mit dem offensichtlich doch ein Berufsausstieg bereits mit 61 Jahren möglich ist. Und das geht so: Arbeitnehmer kündigen mit 61 Jahren oder lassen sich vom Arbeitgeber kündigen, beziehen zwei Jahre Arbeitslosengeld I und üben daneben einen Minijob aus. In diesem Minijob sind sie rentenversicherungspflichtig, sodass sie hier noch zwei Beitragsjahre (allerdings nur sehr gering dotiert!!) erwerben. Auch diese Beitragsjahre aus dem Minijob werden auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet.
Zu bedenken ist allerdings, dass das Arbeitslosengeld gekürzt wird, soweit der Nebenverdienst über 165 Euro hinausgeht. Auch darf die Arbeitszeit nicht mehr als 15 Wochenstunden betragen, denn sonst sind Sie nicht mehr arbeitslos. Die Bundesregierung hat die Gesetzeslücke eingeräumt. Da bei diesem Modell jedoch kaum weitere Rentenansprüche aufgebaut würden, seien die Einbußen bei Einkommen und anschließender Rente ab 63 Jahre sehr hoch. Deshalb rechnet die Bundesregierung nicht mit vielen solcher Fälle.