Liebhaberei: Verlustverrechnung bei nebenberuflicher Selbstständigkeit

Liebhaberei: Verlustverrechnung bei nebenberuflicher Selbstständigkeit
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Wer eine neue selbstständige Tätigkeit aufnimmt, erzielt in der Anfangszeit oftmals Verluste, bevor das Geschäft floriert. Auch bei nebenberuflichen Tätigkeiten kommt es mitunter zu Verlusten. Grundsätzlich können die Verluste mit anderen Einkünften steuermindernd verrechnet werden oder gegebenenfalls sogar in ein anderes Steuerjahr vor- bzw. zurückgetragen werden. Dauern die Verluste mehrere Jahre an, wittert das Finanzamt mitunter aber eine sogenannte Liebhaberei und möchte die Verluste nicht mehr anerkennen oder sogar auch für die Vergangenheit streichen.

Vorläufige Steuerbescheide bei anhaltenden Verlusten

Um Altjahre verfahrensrechtlich noch ändern zu können, erlassen die Finanzämter die Steuerbescheide daher bei (Anfangs-)Verlusten oftmals in dem entsprechenden Punkt vorläufig (§ 165 AO). Der Vorläufigkeitsvermerk erlaubt den Finanzämtern eine zeitlich unbegrenzte Änderung zulasten des Steuerpflichtigen.

Aus Sicht des Betroffenen wäre es daher eigentlich wünschenswert, wenn der jeweilige Steuerbescheid von Beginn an endgültig erlassen würde, denn dann könnte das Finanzamt einen – bestandskräftigen – Steuerbescheid nur noch unter engen Voraussetzungen ändern, etwa beim nachträglichen Bekanntwerden einer neuen Tatsache. Doch leider besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Erteilung eines endgültigen Steuerbescheides, wenn (Anfangs-)Verluste erzielt werden.

BFH-Urteil zur Gewinnerzielungsabsicht bei nebenberuflichen Tätigkeiten

Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden: Bei der nebenberuflichen Anwaltstätigkeit einer Syndikusrechtsanwältin in eigener Kanzlei darf aufgrund einer dauerhaften Verlustsituation ein Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO hinsichtlich einer ungewissen Gewinnerzielungsabsicht jedenfalls dann ergehen, wenn die Art und Weise der Betriebsführung der Kanzlei unklar ist. Weitere Umstände des Einzelfalls, die den grundsätzlich bestehenden Anscheinsbeweis für eine Gewinnerzielungsabsicht der nebenberuflichen anwaltlichen Tätigkeit in der eigenen Kanzlei erschüttern, müssen nicht festgestellt werden (BFH-Beschluss vom 17.7.2024, VIII B 48/23).

Um Missverständnisse zu vermeiden: Der Beschluss des BFH sagt nichts darüber aus, ob die Verluste anzuerkennen sind und die Vorläufigkeitsvermerke in den jeweiligen Steuerbescheiden eines Tages doch aufgehoben werden müssen. Es geht lediglich um die – rein verfahrensrechtliche – Frage, ob ein Vorläufigkeitsvermerk überhaupt zulässig ist.

Es liegt nun an der Rechtsanwältin, dem Finanzamt gegenüber glaubhaft zu machen, dass sie mit ihrer Tätigkeit einen sogenannten Totalüberschuss erwirtschaften kann, das heißt, dass ihre Tätigkeit auf Dauer gesehen doch zu einem Gewinn führt. Zumindest muss sie darlegen, dass ernsthafte Bemühungen zur Verbesserung der Umsatz- und Gewinnsituationen erfolgt sind. Sie kann nicht davon ausgehen, dass allein schon die Tatsache, dass sie Rechtsanwältin ist, für eine Gewinnerzielungsabsicht spricht. So hat der BFH bereits entschieden: Langjährige Verluste eines selbstständig tätigen Rechtsanwalts, dessen Einnahmen ohne plausible Gründe auf niedrigstem Niveau stagnieren und der seinen Lebensunterhalt aus erheblichen anderweitigen Einkünften bestreitet, sprechen regelmäßig dafür, dass er seine Tätigkeit nur aus persönlichen Gründen fortführt (BFH-Urteil vom 14.12.2004, XI R 6/02).

Anforderungen an den Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht

Andererseits darf das Finanzamt die Messlatte für die Glaubhaftmachung der Gewinnerzielungsabsicht nicht zu hoch legen. Beispielsweise hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass die Finanzverwaltung an die Glaubhaftmachung der Gewinnerzielungsabsicht bei einem Unternehmensberater und Dozenten keine hohen Anforderungen stellen darf (FG Münster, Urteil vom 13.6.2023, 2 K 310/21 E).

Und auch der BFH hat mit Urteil vom 22.4.1998 entschieden, dass eine Rechtsanwaltskanzlei regelmäßig nicht dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen.

Zumindest in diesem Urteilsfall hatte der BFH dem Kläger zugutegehalten, dass das Finanzamt bzw. das Finanzgericht keine persönlichen Gründe oder Motive festgestellt hatten, die ihn trotz überwiegender Verluste zur Weiterführung seiner Anwaltskanzlei bewogen haben könnten (BFH-Urteil vom 22.4.1998, XI R 10/97).

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