Künstliche Befruchtung: Kosten auch bei älteren Menschen steuerlich absetzbar?

Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung sind steuerlich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Ehefrau empfängnisunfähig oder der Ehemann zeugungsunfähig ist. Auch kommt es nach neuerer Rechtsprechung weder auf den Familienstand der Frau noch darauf an, ob sie mit einem männlichen Partner oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.

Umstritten ist die Frage, ob die Kosten einer künstlichen Befruchtung auch bei einer verheirateten Frau von 44 Jahren absetzbar sind. Jedenfalls verweigert die Krankenkasse die Kostenerstattung für „weibliche Versicherte, die das 40. und für männliche Versicherte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben“ (§ 27a Abs. 3 SGB V).

Das Niedersächsische Finanzgericht hat die Kosten anerkannt. Denn nach Auffassung der Richter entfällt die Bewertung der Empfängnisunfähigkeit als Krankheit nicht aufgrund des Alters. Jedenfalls könne eine derartige Fertilitätsstörung einer Frau im Alter von 44 Jahren weder aus medizinischen Gründen noch unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Auffassung als unbeachtlich eingestuft werden (Niedersächsisches FG vom 20.10.2009, 15 K 495/08).

Auch das Finanzgericht München hat die Kosten in einem ähnlichen Fall anerkannt (FG München vom 20.5.2009, 10 K 2156/08).

In diesen beiden Fällen lag neben dem fortgeschrittenen Alter der Frau eine organische Ursache bei ihr (Fall des Niedersächsischen FG) bzw. bei ihrem Partner (Fall des FG München) vor. Die beiden Gerichte haben in jenen Fällen lediglich zum Ausdruck gebracht, dass das fortgeschrittene Alter der Frau kein Ausschlusskriterium sei,
die hinzutretenden organischen Ursachen als Krankheit im Sinne der Regelungen über den Abzug von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung anzusehen.

Aktuell hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg bei einer 41-jährigen Frau Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung in Höhe von 12.500 Euro nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Begründet wird die Ablehnung damit, dass bei einem Alter ab 40 Jahren die Fertilität einer Frau nach allgemeinen medizinischen Erkenntnissen im Durchschnitt bereits erheblich gegenüber derjenigen jüngerer Frauen herabgesetzt sei, ohne dass man insoweit von einer „Krankheit“ sprechen könnte. Andere organische Ursachen für die Kinderlosigkeit waren nach Aussage der Frau trotz eingehender ärztlicher Untersuchungen nicht festzustellen (FG Berlin-Brandenburg vom 18.10.2018, 9 K 11390/16).

Nach Auffassung der Richter ist erforderlich, dass die künstliche Befruchtung mit dem Ziel erfolgt, die auf einer „Krankheit“ der Frau (Empfängnisunfähigkeit) oder des Mannes (Zeugungsunfähigkeit) beruhende Kinderlosigkeit zu beheben. Unter einer „Krankheit“ in diesem Sinne sei ein objektiv anomaler regelwidriger Körperzustand zu verstehen. Dies sei jedoch nicht der Fall, wenn eine objektiv feststellbare herabgesetzte Fertilität nicht auf anormalen organischen Ursachen, sondern auf dem fortgeschrittenen Alter eines Menschen beruht. Es handele sich dann gerade nicht um einen „regelwidrigen“ Körperzustand, sondern um die Folge eines natürlichen biologischen Vorgangs.

Steuererklaerung-Polizei.de

Nun muss der Bundesfinanzhof die Streitfrage klären, das Aktenzeichen ist noch nicht bekannt. Zu klären ist, ob auch die altersbedingt herabgesetzte Fertilität einer Frau eine der Empfängnisunfähigkeit vergleichbare Krankheit darstellt.

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