Die steuerliche Behandlung von Investitionsabzugsbeträgen (IAB) bei Fotovoltaikanlagen sorgt weiterhin für Unsicherheit. Eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) gibt betroffenen Steuerzahlern jedoch Hoffnung: Die Rückgängigmachung des IAB für vor 2022 gebildete Beträge ist ernstlich zweifelhaft. Was bedeutet das für Steuerpflichtige, die sich in einer ähnlichen Situation befinden? Hier erfahren Sie die Details.
Seit 2022 ist gesetzlich verankert, dass Fotovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern bis zu 30 kWp steuerfrei gestellt sind. Zudem gibt es Steuerbefreiungen für Anlagen, die auf Mehrfamilienhäusern, gemischt genutzten Häusern oder betrieblich genutzten Gebäuden installiert sind (§ 3 Nr. 72 EStG).
Das führt zu folgender Frage: Was geschieht, wenn für die geplante Anschaffung einer Fotovoltaikanlage beispielsweise in 2021 ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g EStG gebildet wurde, und zwar in Höhe von bis zu 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten? Das heißt: Muss der IAB des Jahres 2021 rückgängig gemacht werden oder bleibt er erhalten? Immer vorausgesetzt natürlich, die Installation ist ernsthaft geplant und erfolgt später auch tatsächlich.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass es ernstlich zweifelhaft ist, ob ein im Jahr 2021 gebildeter IAB für eine im Jahr 2022 tatsächlich erworbene und nun steuerbefreite Fotovoltaikanlage allein wegen des Inkrafttretens der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 EStG rückgängig zu machen ist (BFH-Beschluss vom 15.10.2024, III B 24/24 – AdV).
Die Entscheidung ist aber nur in einem so genannten Aussetzungsverfahren ergangen und bedeutet noch nicht, dass der IAB tatsächlich erhalten bleibt. Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus. Immerhin ist der BFH-Beschluss aber ein Etappensieg für die betroffenen Steuerzahler.
Der Fall: Der Antragsteller bildete im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2021 für die geplante Anschaffung einer Fotovoltaikanlage auf seinem Einfamilienhaus einen steuermindernden IAB. Im November 2022 schaffte er die Fotovoltaikanlage mit einer Leistung von 11,2 kWp an. Der Gesetzgeber stellte jedoch mit dem Jahressteuergesetz vom 17.12.2022 rückwirkend zum 1.1.2022 unter anderem Einnahmen aus Fotovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern mit einer Leistung von bis zu 30 kWp steuerfrei.
Hierauf machte das Finanzamt den bislang für 2021 gewährten IAB rückgängig. Zur Begründung verwies das Finanzamt auf das BMF-Schreiben vom 17.7.2023 (BStBl 2023 I S. 1494), in dem es heißt: „Investitionsabzugsbeträge, die in vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und bis einschließlich zum 31. Dezember 2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, sind nach § 7g Absatz 3 EStG rückgängig zu machen, wenn in nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte Fotovoltaikanlagen investiert wurde.“
Der Steuerzahler legte dagegen Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Steuernachzahlung von der Vollziehung bis zur Entscheidung über seinen Einspruch. Den Aussetzungsantrag lehnte das Finanzamt ab. Daraufhin wandte sich der Steuerbürger an das Finanzgericht. Seines Erachtens sei die nachträgliche Streichung des IAB unzulässig. Er habe sich vor der Gesetzesänderung zur Anschaffung der Fotovoltaikanlage entschlossen und darauf vertraut, Einkommensteuern zu sparen. Der Aussetzungsantrag hatte beim Finanzgericht Köln zunächst keinen Erfolg (vgl. SteuerSparbrief Mai 2024).
Doch der BFH widerspricht der Finanzverwaltung und der Vorinstanz.
Begründung: Der Meinungsstand im Schrifttum ist uneinheitlich und bestätigt die derzeit noch bestehende Unsicherheit der Gesetzesauslegung. Im Ergebnis ist die Auffassung, dass der im Jahr 2021 gebildete IAB unter den Umständen des Streitfalls zwingend im Jahr seines Abzugs rückgängig zu machen ist, jedenfalls ernstlich zweifelhaft.
Betroffene sollten sich in ihren eigenen Fällen weiterhin gegen die Rückgängigmachung des IAB wehren. Ob zudem ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wird, muss jeder für sich entscheiden. Zwar muss ein solcher Antrag nach dem aktuellen BFH-Beschluss genehmigt werden. Doch wenn die Finanzverwaltung im Hauptsacheverfahren letztlich doch gewinnt, wird die dann zu entrichtende Steuernachzahlung mit Zinsen versehen, die durchaus eine beträchtliche Höhe erreichen können.