Wie bereits mehrfach berichtet, lässt das Bundesfinanzministerium Erleichterungen für die Betreiber kleiner Fotovoltaikanlagen bis 10 kW zu: Auf schriftlichen Antrag des Steuerbürgers kann unterstellt werden, dass die Fotovoltaikanlage nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird („Liebhaberei-Wahlrecht„). Folge: Es darf auf die Erstellung und Abgabe einer Einnahmen-Überschussrechnung verzichtet und Gewinne müssen nicht mehr versteuert werden.
Auch die von den Finanzämtern zuweilen geforderte Prognoserechnung entfällt. Im Gegenzug dürfen allerdings keine Verluste steuerlich abgezogen werden. Damit ist die Fotovoltaikanlage für Zwecke der Einkommensteuer sozusagen ohne Belang. Das Gesagte gilt im Übrigen gleichermaßen für den Betrieb kleiner Blockheizkraftwerke (BMF-Schreiben vom 2.6.2021, BStBl 2021 I S. 722).
Allerdings sind dennoch viele Betroffene verunsichert, da die Billigkeitsregelung einige Tücken aufweist. Nachfolgend möchten wir auf eine mögliche Steuerfalle hinweisen, nämlich auf den Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g EStG. Um es deutlich zu sagen: Wurde ein IAB für die Anschaffung einer Fotovoltaikanlage in Anspruch genommen, sollte vor der Ausübung des Wahlrechts geprüft werden, ob der IAB erhalten bleibt. Doch der Reihe nach:
- Wenn Sie das oben genannte Wahlrecht ausüben, unterstellt das Finanzamt, dass die Anlage von Beginn an ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde. Dementsprechend werden aus der Anlage weder Gewinne noch Verluste einkommensteuerlich berücksichtigt, und zwar zunächst bei der aktuellen Veranlagung zur Einkommensteuer und dann in den Folgejahren.
- Sind die Steuerbescheide der Vorjahre weder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen noch in dem Punkt „Fotovoltaanlage“ für vorläufig erklärt worden, bleiben Ihnen auch bereits abgezogene Verluste erhalten. Andererseits können Sie die bereits gezahlten Steuern auf Gewinne auch nicht zurückfordern. Die Gewinne und Verluste sind also endgültig veranlagt worden.
- Sind die Steuerbescheide aus zurückliegenden Veranlagungszeiträumen aber verfahrensrechtlich einer Änderung noch zugänglich, so werden diese bei Anwendung der Billigkeitsregelung geändert. Die Steuern auf Gewinne wird Ihnen erstattet, die Steuerminderung für Verluste wird zurückgefordert. Beachten Sie, dass dann auch Nachzahlungszinsen anfallen können.
Kommen wir nun zu den Auswirkungen auf einen geltend gemachten IAB nach § 7g EStG: Bereits vor einer Betriebseröffnung, also auch vor Installation einer Fotovoltaikanlage, können Sie einen IAB in der Steuererklärung geltend machen – und zwar bis zu 50 Prozent (bis 2019: 40 Prozent) der voraussichtlichen Anschaffungskosten der Anlage (ohne Umsatzsteuer), höchstens 200.000 Euro.
Aber: Erfolgt die Investition nicht wie geplant, muss der Abzug des IAB rückgängig gemacht werden – und zwar im Ursprungsjahr. Hierzu wird die Steuerveranlagung des Wirtschaftsjahres, in dem der IAB berücksichtigt wurde, korrigiert, was zu einer entsprechenden Gewinnerhöhung und Steuernachforderung führt. § 7g EStG verlangt ferner, dass das betreffende Wirtschaftsgut „mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.“
Das wäre hier nicht gegeben, denn die Ausübung des Wahlrechts bedeutet, dass quasi gar kein Gewerbebetrieb und folglich keine betriebliche Nutzung vorliegen kann. Insoweit könnte einiges dafür sprechen, dass der IAB in diesem Fall nachträglich wegfällt.
Aktuell hat das Bundesfinanzministerium jedoch eine weitere Billigkeitsregelung erlassen (BMF-Schreiben vom 29.10.2021, IV C 6 – S 2240/19/10006 :006). Diese enthält folgenden Satz: „Die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung ist kein Fall des § 7g Absatz 4 EStG, da insoweit keine schädliche Verwendung der Investition vorliegt.“ Leider bleibt das BMF weitere Erläuterungen schuldig.
Nach unserem Dafürhalten ist der Satz wie folgt zu verstehen:
Fall 1: Es wird ein IAB für eine Fotovoltaikanlage geltend gemacht und die Investition erfolgt auch wie geplant. Aber: Bereits ab dem Anschaffungsjahr wird die Billigkeitsregelung beantragt. Folge: Der IAB muss mangels betrieblicher Investition rückgängig gemacht werden; es kommt also zu einer Nachzahlung für das Jahr des Abzugs. Die Rückgängigmachung beruht auf § 7g Abs. 3 EStG. Und dieser wird von der Billigkeitsregelung nicht umfasst.
Fall 2: Es wird ein IAB geltend gemacht und die Investition erfolgt auch wie geplant. Bereits ab dem Jahr, das dem Anschaffungsjahr folgt, wird die Billigkeitsregelung beantragt. Folge: Der IAB müsste eigentlich auch hier rückgängig gemacht werden. Denn: § 7g EStG, dieses Mal der Absatz 4, verlangt, dass das betreffende Wirtschaftsgut „mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.“ Das wäre hier nicht gegeben, denn auch hier liegt ja gar kein Gewerbebetrieb mehr vor. Aber: Da das BMF ausdrücklich verfügt, dass kein Fall des § 7g Abs. 4 EStG vorliegen soll, bleibt der IAB erhalten.
Fall 3: Es wird ein IAB geltend gemacht und die Investition erfolgt auch wie geplant. Im Anschaffungsjahr wird die Sonderabschreibung nach § 7g EStG abgezogen. Mindestens zwei Veranlagungszeiträume später wird von der Billigkeitsregelung Gebrauch gemacht. In Bezug auf den IAB nach § 7g EStG hat die Billigkeitsregelung auch in diesem Fall keine nachteiligen Folgen.
Die eigentlich gut gemeinte Vereinfachungsregelung hält so ihre Tücken bereit. Wer sie nutzen will, sollte sicherheitshalber zuvor bei seinem Finanzamt nachfragen, ob sich wirklich keine nachteiligen Folgen ergeben. Nicht, dass es doch noch böse Überraschungen gibt. Das aktuelle BMF-Schreiben finden Sie hier. Es behandelt übrigens zahlreiche weitere Fragen, zum Beispiel zu den Themen:
- Antragstellung bei Mitunternehmerschaften;
- erstmalige Antragstellung bei neuen Anlagen;
- teilweise Nutzung des Stroms, der mit der Anlage erzeugt wird, für eigenbetriebliche Zwecke;
- teilweise Überlassung des Stroms, der mit der Anlage erzeugt wird, an Mieter;
- ausgeförderte Anlagen (Inbetriebnahme vor dem 1. Januar 2004);
- Nutzungsänderungen, Überschreitung der Leistungsgrenze.
Hinweis: Derzeit gibt es eine Initiative des Bundesrats, der sogar eine Steuerbefreiung für Fotovoltaikanlagen mit einer möglichen Gesamtleistung von bis zu 30 kW und aus Blockheizkraftwerken mit einer installierten elektrischen Leistung von bis zu 7,5 kW fordert. Doch noch ist diese nicht Gesetz und daher müssen sich Anlagenbetreiber bis auf Weiteres auf die Billigkeitsregelung des BMF verlassen.