Die sprunghaft und drastisch gestiegenen Energiekosten sorgen für erhebliche Mehrbelastungen, welche die Bundesregierung nun ein wenig ausgleichen möchte. Zur Abfederung besonderer Härten aufgrund gestiegener Energiepreise wird im Jahr 2022 eine Entlastung für Familien über die Familienkassen gewährt. Zusätzlich sollen ab dem 1.9.2022 alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen in den Lohnsteuerklassen 1 – 5 einmalig eine Energiepreispauschale von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt bekommen.
Energiepreise: Einmaliger Kinderbonus für Familien
Aktuell wird mit dem „Steuerentlastungsgesetz 2022“ ab Juli 2022 für jedes Kind ergänzend zum Kindergeld einmalig ein Kinderbonus von 100 Euro gezahlt (§ 66 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG und § 6 Abs. 3 BKKG).
- Ein Anspruch auf den Kinderbonus 2022 besteht für jedes Kind, für das im Juli 2022 ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Kinder, für die im Juli 2022 kein Anspruch auf Kindergeld besteht, werden ebenfalls berücksichtigt, wenn für sie in einem anderen Monat des Jahres 2022 ein Kindergeldanspruch besteht.
- Der Kinderbonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet. Das führt dazu, dass Familien mit hohem Einkommen, für die der Steuervorteil aus dem Kinderfreibetrag höher ist als das Kindergeld, davon nicht profitieren. Der Bonus wird im Rahmen der bei der Einkommensteuerveranlagung durchzuführenden Vergleichsberechnung gemäß § 31 Satz 4 EStG zusammen mit dem Kindergeld berücksichtigt. Bei dieser sogenannten Günstigerprüfung wird geprüft, ob sich Kindergeld und Kinderbonus oder die Entlastung aus dem Kinder- und Betreuungs-Freibetrag günstiger auswirken. Je höher das Einkommen ist, desto günstiger wirken die Freibeträge für Kinder. In diesen Fällen wird der Kinderbonus durch die allmählich einsetzende Besteuerung faktisch abgeschmolzen.
- Der Kinderbonus wird unabhängig von existenzsichernden Sozialleistungen gewährt. Der Einmalbetrag wird bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, nicht als Einkommen berücksichtigt („Gesetz zur Nichtanrechnung und Nichtberücksichtigung des Kinderbonus“ vom 2.3.2009, das weiterhin gilt).
- Für den Einmalbetrag gelten ansonsten grundsätzlich alle Vorschriften, die auch für das – monatlich gezahlte -Kindergeld maßgebend sind. So kann zum Beispiel für jedes Kind nur einem Berechtigten der Einmalbetrag gezahlt werden. Für die Festsetzung des Einmalbetrags kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.
Energiepreise: Energiepauschale für Arbeitnehmer und Selbständige
Die Energiepreispauschale wird über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers ausgezahlt wird. Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Kürzung ihrer Einkommensteuervorauszahlung (§§ 112 bis 122 EStG-neu).
- Begünstigt sind Erwerbstätige mit Wohnsitz in Deutschland, die im Jahre 2022 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder aus selbstständiger Arbeit (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständige Tätigkeit) erzielen – also Arbeitnehmer und Selbstständige.
- Begünstigt sind ebenfalls Freiwillige im Sinne des § 2 Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) und Freiwillige im Sinne des § 2 Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG): Dazu rechnen z.B. Bundesfreiwilligendienst, freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr, Europäischer Freiwilligendienst, Internationaler Jugendfreiwilligendienst.
- Begünstigt sind auch Personen, die eine geringfügige oder kurzfristige Beschäftigung ausüben (Minijobber und Aushilfskräfte, Saisonarbeitnehmer).
- Nicht begünstigt sind Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, insbesondere beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler. Denn im Ausland lebende Personen sind entweder niedrigeren Energiepreisen als in Deutschland ausgesetzt oder sie profitieren von vergleichbaren staatlichen Maßnahmen, die die dortige Bevölkerung ebenfalls von den Energiepreisen entlastet. Eine Doppelförderung dieses Personenkreises sei nicht angezeigt.
- Nicht begünstigt sind Beamtenpensionäre und Rentner, falls diese nicht nebenher Einkünfte aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb, freiberuflicher Tätigkeit oder als Arbeitnehmer erzielen. Bezieher von ausschließlich sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG haben ebenfalls keinen Anspruch auf die Energiepreispauschale (z.B. Abgeordnete). Ebenfalls gehen Studenten und junge Familien, die nur Elterngeld beziehen, sowie andere Personen, die ausschließlich Lohnersatz- oder Sozialleistungen beziehen, leer aus.
- Die Energiepreispauschale wird grundsätzlich mit der Einkommensteuerveranlagung für 2022 festgesetzt, es sei denn, die Pauschale wird nach § 117 EStG vom Arbeitgeber ausgezahlt.
- Die Energiepreispauschale wird vom Arbeitgeber im September 2022 ausgezahlt, wenn der Arbeitnehmer am 1.9.2022 in einem ersten Dienstverhältnis steht und in eine der Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht ist. Bei Minijobbern und Aushilfskräften erfolgt die Auszahlung über den Arbeitgeber nur dann, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vorher schriftlich bestätigt hat, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt. Die Bestätigung ist zum Lohnkonto zu nehmen.
- Die Energiepreispauschale wird nicht über den Arbeitgeber ausgezahlt, wenn er keine Lohnsteuer-Anmeldung abgibt. Das sind insbesondere Fälle einer kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung (z.B. im Privathaushalt), bei denen die Lohnsteuer nach § 40a EStG pauschal erhoben wird. Die Arbeitnehmer können in diesem Fall die Energiepreispauschale über die Abgabe einer Einkommensteuererklärung erhalten.
- Eine vom Arbeitgeber ausgezahlte Energiepreispauschale ist in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung mit dem Großbuchstaben E anzugeben (§ 117 Abs. 4 EStG).
- Die Energiepreispauschale ist steuerpflichtig und wird mit dem individuellen Steuersatz besteuert. Zusätzlich fallen gegebenenfalls Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag an. Gemäß Gesetzesbegründung sind „für die Besteuerung der Energiepreispauschale gesonderte Angaben in der Einkommensteuererklärung nicht erforderlich.“ Bei Arbeitnehmern ist die Energiepreispauschale als Einnahme nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG für das Jahr 2022 zu berücksichtigen. Bei Minijobbern und Aushilfskräften mit pauschal besteuertem Arbeitslohn nach § 40a EStG wird aus Vereinfachungsgründen auf eine Besteuerung der Energiepreispauschale verzichtet (§ 119 Abs. 1 EStG).
- Bei Selbstständigen gehört die Energiepreispauschale nicht zu den Betriebseinnahmen, sondern zu den „Einkünften aus sonstigen Leistungen“ nach § 22 Nr. 3 EStG für das Jahr 2022. Allerdings wird hier die Freigrenze von 256 EUR nicht angewandt, die es üblicherweise für entsprechende Einkünfte gibt (§ 119 Abs. 2 EStG). Da die Energiepreispauschale nicht zu den Gewinneinkünften gehört, unterliegt sie nicht der Gewerbesteuerpflicht.
- Die Energiepreispauschale ist sozialabgabenfrei, da es sich nicht um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV handelt
- Die Energiepreispauschale ist bei einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen (§ 122 EStG).
Die größte Gruppe der anspruchsberechtigten Personen wird mit den Zahlungen der Arbeitgeber (Arbeitnehmer) oder der Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen (Selbstständige) zeitnah entlastet, ohne selbst aktiv zu werden. Wenn eine Einkommensteuererklärung für 2022 abgegeben wird und die Anspruchsvoraussetzungen der Energiepreispauschale erfüllt sind, wird die Energiepreispauschale von Amts wegen mit der Einkommensteuerveranlagung 2022 festgesetzt. Ein besonderer Antrag ist dann nicht erforderlich. Bei Arbeitnehmern erfolgt eine Festsetzung der Energiepreispauschale nur, wenn diese noch nicht über den Arbeitgeber ausgezahlt wurde, zum Beispiel weil am 1.9.2022 kein Arbeitsverhältnis bestand.