Die finanziellen Belastungen einer Adoption, insbesondere bei internationalen Verfahren, können enorm sein. Viele betroffene Eltern empfinden diese Kosten als außergewöhnlich und hoffen auf steuerliche Berücksichtigung. Doch die deutsche Rechtsprechung sieht dies anders: Adoptionskosten sind „nicht aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen unausweichlich, sondern beruht auf dem freien, nicht von außen bestimmten Willen“ (BFH-Urteil vom 13.3.1987, III R 301/84; BFH-Urteil vom 10.3.2015, VI R 60/11).
Über ein Urteil des Finanzgerichts Münster vom 25.6.2024 (14 K 1085/23 E) heben wir berichtet, das die Haltung des BFH zwar bestätigt hatte, doch zur Revision zugelassen wurde. Allerdings wurde in dem genannten Verfahren keine Revision eingelegt. Das Urteil des FG Münster ist rechtskräftig geworden. Damit hat die bisherige – ablehnende – Haltung des BFH weiterhin Bestand.
Kurz noch einmal zum Hintergrund:
Die Kläger hatten darauf verwiesen, dass ihnen die Aufwendungen für die Adoption zwangsläufig entstanden seien. So hätten sie vor der Adoption die langwierige und strapaziöse Behandlung einer künstlichen Befruchtung erfolglos auf sich genommen. Da der BFH die Aufwendungen einer künstlichen Befruchtung zur Erfüllung des individuellen Kinderwunsches als zwangsläufig anerkannt habe (z.B. BFH-Urteil vom 5.10.2017, VI R 2/17), müssten auch die Kosten einer Adoption als zwangsläufig gelten und folglich als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Die Adoption ziele ebenso wie die künstliche Befruchtung auf die Beseitigung der ungewollten Kinderlosigkeit ab. Das FG Münster ist dem zwar nicht verfolgt, hatte aber aufgrund einer gewissen „Ankündigung“ des BFH die Revision erlaubt.
Der VI. Senat des BFH hatte nämlich im Jahre 2013 zu erkennen gegeben, dass er seine ablehnende Haltung möglicherweise aufgeben werde (BFH-Beschluss vom 18.4.2013, VI R 60/11), dann allerdings – aus unklaren Gründen – seine Ankündigung nicht in die Tat umgesetzt (BFH-Urteil vom 10.3.2015, VI R 60/11).
Wer bereit ist, in entsprechenden Fällen tatsächlich den langen Weg bis zum BFH anzutreten, sollte Adoptionskosten trotz der ablehnenden Urteils des FG Münster gelten machen. Zwar werden das Finanzamt und das zuständige Finanzgericht die Aufwendungen wohl nicht anerkennen, doch das Gericht wird mit hoher Wahrscheinlichkeit – ebenso wie das FG Münster – die Revision zulassen. Und wer weiß? Seit dem letzten BFH-Urteil sind über neun Jahre vergangen und die Besetzung der BFH-Senate hat sich seitdem geändert. Vielleicht wird der BFH heute also anders entscheiden.
Der BFH-Richter Dr. Geserich weist in einer Kommentierung für die Fachzeitschrift NWB übrigens darauf hin, dass Kosten der Adoption eines Kindes in Österreich abziehbar sind (NWB 29/2015 vom 13.7.2015, S. 2120). Und in einem Erlass des österreichischen BMF vom 16.12.2016 (BMF-010222/0082-VI/7/2016, BMF-AV Nr. 211/2016) heißt es: „Kosten der Adoption eines Kindes sind in Hinblick auf das öffentliche Interesse der Gesellschaft an Kindern als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig (VwGH 06.06.2011, 2007/13/0150).“ Warum soll in Deutschland etwas anderes gelten?