Abschaffung der Lohnsteuerklassen III und V erst ab 2030

Derzeit werden Ehepaaren nach der Eheschließung automatisch die Steuerklassen IV/IV zugeordnet. Auf Antrag kann man in die Steuerklassen III/V oder IV/IV mit Faktor wechseln. In vielen Ehen verdienen Partner unterschiedlich viel. Oft liegt das Brutto des Mannes über dem der Frau. Mit den Lohnsteuerklassen III und V wird der Unterschied noch größer: Der Partner mit dem höheren Gehalt hat überproportional mehr Netto. Die Steuerklasse IV mit dem Faktorverfahren führt dazu, dass jeder Ehegatte Lohnsteuer entsprechend seinem Verdienst zahlt.

Zum 31. Dezember 2023 haben ca. 12 Millionen Paare die Steuerklassenkombination III/V für den Lohnsteuerabzug genutzt. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist als Maßnahme zur „Weiterentwicklung der Familienbesteuerung“ die Überführung der Lohnsteuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV vorgesehen.

Aktuell plant die Bundesregierung, die Lohnsteuerklassen III und V zum 1.1.2030 abzuschaffen. Dann gilt bei Verheirateten nur noch die Steuerklasse IV oder IV mit Faktor (§ 38b Abs. 1 EStG, Entwurf des „Steuerfortentwicklungsgesetzes“). Die Umsetzung der Neuregelung soll weitestgehend digital erfolgen. Die Bundesregierung begründet die geplante Änderung wie folgt:

Das neue Faktorverfahren ist einfach und unbürokratisch anwendbar und schafft mehr Fairness. Jeder Ehegatte oder Lebenspartner profitiert durch das Splitting-Verfahren bereits bei der monatlichen Lohnsteuerberechnung. Dies vermeidet eine höhere Besteuerung in Steuerklasse V und sorgt für eine gerechtere Verteilung der Lohnsteuerbelastung entsprechend der gemeinsamen Arbeitslöhne.

Durch die weitgehende Digitalisierung und Automatisierung wird das bisherige Verfahren deutlich vereinfacht. Die zusätzliche Erweiterung des neuen Faktorverfahrens um die sog. Alleinverdiener-Ehen/-Lebenspartnerschaften macht es zudem möglich, künftig alle familiären Konstellationen im Lohnsteuerabzugsverfahren hinreichend abzubilden.

Das stärkt vorwiegend die Arbeitnehmer, die Teilzeitarbeitsverhältnisse ausüben. Durch die Anwendung des Faktors kann eine übermäßig hohe Belastung des (Teilzeit-)Arbeitslohns mit Lohnsteuer vermieden werden, wie es oftmals bei der Besteuerung in der Steuerklasse V der Fall war. Die Summe der monatlich zu zahlenden Lohnsteuerbeträge beider Ehegatten/Lebenspartner durch Anwendung des Faktors entspricht dann in etwa der nach Veranlagung zu zahlenden Einkommensteuer, wenn die der Bildung des Faktors zugrundeliegenden Arbeitslohnverhältnisse nicht wesentlich vom tatsächlich bezogenen Arbeitslohn abweichen.

Das neue Faktorverfahren zielt nur auf die gleichmäßigere monatliche Verteilung der Lohnsteuer unter Ehepartnern, die unterschiedlich verdienen. Die Steuerlast selbst ändert sich nicht, mit den Steuerklassen geht es nur um Verteilung der Abschläge während des Jahres.

Viele Leistungen des Staates knüpfen am Nettolohn an. Durch die Besteuerung im Faktorverfahren können künftig für Zweitverdienende beziehungsweise in Teilzeit arbeitende Eheleute, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner höhere staatliche Lohnersatzleistungen möglich sein. Insoweit dient die sachgerechte Verteilung bei der Lohnsteuer auch und gerade den Familien. Hierdurch werden auch Anreize für eine partnerschaftliche Aufteilung von Sorgearbeit – z. B. eine ausgewogenere Inanspruchnahme von Elternzeit – bei Eheleuten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern gesetzt. Für Nutzer der Steuerklasse III werden mit Übergangsregeln bei einzelnen Lohnersatzleistungen Schlechterstellungen vermieden.

Die Umsetzung der Neuregelung soll weitestgehend digital erfolgen. Aber haben wir das nicht schon einmal gehört? Ja, und zwar bei der Grundsteuerreform. Die Finanzämter sollten den Bürgern möglichst viele Daten zur Verfügung stellen, damit die Erklärungen zur Feststellung der Grundsteuerwerte einfach erstellt werden konnten. Aber einfach war gar nichts. Es fehlt der Glaube, dass es bei der Umstellung der Lohnsteuerklassen besser werden wird. Im Übrigen fehlt dem Bundeszentralamt für Steuern, das für die digitale Umsetzung verantwortlich sein soll, schon heute Personal in erheblichem Umfang.

Keine Abschaffung des Splitting-Verfahrens

Das Splitting-Verfahren bei der Besteuerung von Eheleuten bleibt erhalten. Zwar meint Familienministerin Paus, dass die Reform der Lohnsteuerklassen den Weg zur Abschaffung des Ehegatten-Splittings ebne. Aber Bundesfinanzminister Lindner betont: „Die Aussage der Kollegin Paus ist rätselhaft, denn das Ehegatten-Splitting wird auf keinen Fall abgeschafft. Dessen Streichung würde eine Steuererhöhung ausgerechnet für Menschen bedeuten, die füreinander Verantwortung übernehmen“ (Welt-online vom 15.7.2024).

Man kann das Ehegatten-Splitting für antiquiert halten. Doch es ist letztlich Ausfluss des besonderen Schutzes von Ehe und Familie, der im Grundgesetz verankert ist (Art. 6 GG). Aber unabhängig davon: Die Befürworter einer Abschaffung des Ehegatten-Splittings sind der Meinung, dass ein neues Verfahren gerechter würde. Das mag sein, doch mit hoher Wahrscheinlichkeit würde es für alle teurer werden. Und dann wäre niemandem geholfen – auch nicht denjenigen, die sich für eine Abschaffung des Ehegatten-Splittings stark machen.

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